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Chips-Engpässe erreichen den Channel

Geschrieben von Eileen Müller | 26.5.2021

Karlsruhe, 26.05.2021 – Schlugen anfangs nur die Autobauer wegen Stillstand in der Produktion Alarm, bekommen inzwischen immer mehr Unternehmen ihre Abhängigkeit von einem winzigen Teil zu spüren: den Mikrochips. In nahezu jedem elektrischen Gerät sind die essentiellen Kleinteile verbaut – dass Engpässe auch den ITK-Channel nicht unberührt lassen, war eigentlich voraussehbar.

Schon seit Anfang des Jahres gibt es erneut Probleme in der Automobilindustrie, deren durch die Coronakrise gebeutelten Lieferketten sich gerade erst wieder langsam erholt hatten. Der Grund: Engpässe bei Halbleitern, die das Herzstück sämtlicher elektronischen Systeme bilden. Die Halbleiterproduktion ist aufgrund von langen Vorlaufzeiten sehr unflexibel und Nachfrageveränderungen können nicht ohne weiteres von den Herstellern aufgefangen werden. Die Coronakrise sorgte Anfang 2020 zuerst für einen Produktionseinbruch, im Frühjahr dann für einen Aufschwung – dank Homeoffice und -schooling mit besonders großer Nachfrage nach Tablets und Laptops sowie Unterhaltungselektronik für die Freizeit im Lockdown. Hinzu kam unlängst noch das wachsende Interesse von Kryptominern, die mit dem Schürfen von Bitcoin und Co. zusätzlich den Chip-Bedarf befeuern. 

Über die Automobilindustrie hinaus greift die Krise jetzt allerdings auf andere Bereiche über und macht auch vor der ITK-Branche keinen Halt. Eine aktuelle Umfrage der Welt am Sonntag zeigt: Verbraucher in Deutschland müssen zukünftig mit steigenden Preisen und längeren Lieferzeiten für elektronische Geräte rechnen, auch in Branchen wie der Telekommunikation oder Unterhaltungselektronik. Mit ITK-Riesen Apple kann aktuell selbst einer der größten Kunden der Chipbranche kaum noch ausreichend beliefert werden – dem Hersteller fehlen Halbleiter, um Tablets und Notebooks entsprechend zu bestücken. 

Auch Beispiele der B2B-Handelsplattform ITscope zeigen, dass die Halbleiterkrise in der ITK-Branche bereits ihre Spuren hinterlässt. Bei der beliebten Elements Desktop WDBWLG0100HBK des auf Festplatten und Speicherprodukte spezialisierten Herstellers WD beispielsweise gehen die Lagerbestände seit Anfang Mai deutlich zurück. Gefragt ist die Festplatte, zu erkennen an den steigenden Klicks auf das Produkt, aber weiterhin und auch der Preis steigt: Zeitweise über 300 Euro erzielt die Elements Desktop und verdoppelt damit den bisherigen HEK in nur wenigen Wochen.  

Preis/Lager/Status-Historie und Produkt-Klick-Historie WD Elements Desktop WDBWLG0100HBK (Hst.-Nr. WDBWLG0100HBK-EESN) Januar bis Mai 2021

 

Noch kritischer sieht es bei der Backup Plus Hub STEL8000200 von Seagate aus. Fast zeitgleich mit der Elements Desktop fällt auch bei dieser Festplatte der Lagerbestand Anfang Mai extrem. Dementsprechend sind auch die Auswirkungen auf den HEK, der sich auch in diesem Fall in nur wenigen Wochen von 120 auf über 250 Euro verdoppelt hat. 

Preis/Lager/Status-Historie und Produkt-Klick-Historie Seagate Backup Plus Hub STEL8000200 (Hst.-Nr. STEL8000200) Januar bis Mai 2021

 

Als zusätzlicher Faktor wirkt sich der Chipmangel vermutlich auch im Grafikkartensegment aus. Das pandemiebedingt hohe Interesse an Gaming und der Boom um Kryptowährungen sorgten bereits für angespannte Stimmung, jetzt kommt noch die Knappheit bei den Chips hinzu – die natürlich auch für Grafikkarten benötigt werden. Die bereits seit 2017 gelistete GeForce GTX 1050 Ti D5 4G von Gigabyte hatte über mehrere Jahre praktisch keine Preisausreißer – bis jetzt: Schon im Januar steigt der Preis parallel zu einem schrumpfenden Bestand langsam an und pendelt sich bei aktuell rund 300 Euro ein, was mehr als doppelt so viel ist wie der durchschnittliche HEK in 2020 (ca. 120 Euro).

Preis/Lager/Status-Historie und Produkt-Klick-Historie Gigabyte GeForce GTX 1050 Ti D5 4G (Hst.-Nr. GV-N105TD5-4GD) Juni 2020 bis Mai 2021

Da die Digitalisierung in immer mehr Bereiche des Alltags einzieht, ist ein weiter wachsender Bedarf an Chips unausweichlich. Nach Angaben des weltweit größten Herstellers für Mikrochips, der Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC), könnte der Halbleitermangel, zumindest für die Automobilindustrie, im kommenden Quartal allerdings etwas zurückgehen. Kritischere Stimmen, beispielsweise von Intel, befürchten allerdings, dass die Knappheit in vielen Branchen auch noch über die nächsten Jahre andauern wird.